annaschmitzberger




Das österreichische Unbehagen

Es ist Samstag, später Nachmittag, aprilwetter, zuweilen gießt es in Strömen vom Himmel, zwischendurch lugt auch die Sonne kurz zwischen den Wolken hervor.
Die letzten Verkäufer am wiener Flohmarkt am Naschmarkt geben ihre übriggebliebenen Waren gratis oder für wenige Euros her. Die Käufer, die
unterschiedlicher nicht sein könnten, stürzen sich mit aller Begeisterung darauf. Ältere Damen wühlen in am Boden liegenden vom Regen durchgeweichten
Kleidungsstücken, Kinder inspizieren die zerbrochenen Spielzeugteile nach Brauchbarem.
Währenddessen sind Räumungsfahrzeuge angekommen, nähern sich mit Orangelicht unaufhaltsam der Menge. Die Stimmung ist angespannt, die Leute versuchen die
Letzten Dinge aus den Schaufeln der Fahrzeuge zu ergattern, werden dabei fast umgemäht. Ein Jeder versucht noch so viel wie möglich vom Boden mitzunehmen.
Nasse Bücher werden nocheinmal durchgeblättert, nasse Jeans zur Probe an den Bauch gehalten, Schuhcreme auf ihr Alter geprüft, ganze Einkaufswägen und
Wäschekisten werden noch hektisch mit Kleidung, Bilderrahmen oder einer alten Lampe befüllt. So wird der Platz sowohl von der Müllabfuhr als auch von den
Flohmarktbesuchern geräumt, was sich an Effizienz nicht viel nimmt.
Bald werden die vielen alten Sachen passé sein und der Platz wieder aus nacktem Beton bestehen.